5 Fragen an … Lothar Ebbers, Presseprecher des Fahrgastverbands PRO BAHN NRW

Mehrere Personen an einem Bahnsteig steigen in einen Zug.

Fahrgast

04. November 2019

Vermehrtes Baustellenaufkommen, erhöhte Verkehrsleistung und überlastete Strecken lassen Pendler in ganz NRW die Störanfälligkeit des SPNV spüren – und stellen damit die Gemeinschaftsinitiative Fokus Bahn NRW vor eine enorme Herausforderung.


Lothar Ebbers, Pressesprecher des Fahrgastverbands PRO BAHN NRW e.V., bewertet aktuelle Entwicklungen aus Fahrgastperspektive.


Was sollte das Programm Fokus Bahn NRW aus Sicht der Fahrgäste mit oberster Priorität angehen?


Lothar Ebbers: Ich denke, das wichtigste Ziel ist die Wiederherstellung einer besseren Qualität und Verlässlichkeit des SPNV. Dabei müssen auch Fehler der Vergangenheit angesprochen werden, auf keinen Fall sollten unerfüllbare Versprechen gemacht werden.


Sie begleiten die Entwicklung des SPNV in NRW seit vielen Jahren. Wo sehen Sie aus Fahrgastsicht die entscheidenden positiven, wo negative Tendenzen?


Lothar Ebbers: Positiv ist in jedem Fall die Weiterentwicklung von Netz sowie Angebot und die Einführung neuer Fahrzeuge. Die Fortschritte Richtung Barrierefreiheit sind im Fahrzeugsektor groß, bei den Stationen besteht jedoch noch ein großer Nachholbedarf. Negativ ist der langsame Netzausbau, wie es zum Beispiel bei der mehrfachen Verzögerung bei der Elektrifizierung der Strecke Wesel - Bocholt und dem schleppenden Bau von Stationen auf der Hertener Bahn der Fall ist . Nach langem Ringen bekommt NRW jetzt endlich mehr Regionalisierungsmittel – aber immer noch nicht genug.


NRW ist mit Blick auf den SPNV eines der wettbewerbsintensivsten Bundesländer. Hat der Fahrgast aus Ihrer Sicht davon profitiert? Braucht es gegebenenfalls Korrekturen?


Lothar Ebbers: Beim Wettbewerb ist NRW gut aufgestellt, insbesondere auch durch steuernde Elemente wie beispielsweise das RRX-Modell zur Fahrzeugfinanzierung. Ohne das hätten wir deutlich weniger Angebote und Innovationen. Es wäre schön, wenn rechtssichere Messgrößen für die Qualität bei den Vergabeverfahren entwickelt werden können, damit nicht nur der Preis entscheidet. Ebenso sollten die Verträge mehr Spielraum für Nachsteuerung in der zweiten Hälfte der Vertragslaufzeit geben. Viele Verträge, insbesondere aus der Zeit der Mittelkürzungen für den SPNV, sind auch beim Fahrzeugeinsatz zu knapp kalkuliert, die Fahrgastnachfrage ist gewachsen, ein Nachsteuern ist zurzeit kaum möglich. Ich halte auch etwas kürzere Vertragslaufzeiten mit der Option einer Verlängerung für denkbar, so wie es derzeit schon in den Niederlanden beispielsweise im Busverkehr angewendet wird.


Mit Blick auf die anstehenden Betriebsaufnahmen zum Fahrplanwechsel: Welche Forderungen würden Sie aus Sicht der Fahrgäste an die beteiligten Unternehmen und Aufgabenträger stellen?


Lothar Ebbers: Betriebswechsel, insbesondere mit Einsatz neuer Fahrzeuge, sind immer ein Risiko. Wichtig für die Fahrgäste ist, dass rechtzeitig auf zu erwartende Schwierigkeiten hingewiesen wird. Wenn klar ist, dass nicht gleich das volle Angebot geliefert werden kann, muss der Ersatzfahrplan schnell kommuniziert und zuverlässig eingehalten werden.


Fokus Bahn NRW möchte unter anderem mehr Frauen für die Arbeit im Führerstand gewinnen. Halten Sie das für wichtig und falls ja, was wären aus Ihrer Sicht Voraussetzungen, dass dies gelingen kann?


Lothar Ebbers: Ich halte Frauen im Fahrdienst sowohl aus Gleichstellungsgründen als auch zur Reduzierung der Personalknappheit für absolut richtig. Im Gegensatz zum Busverkehr bleibt das dem Fahrgast allerdings meist verborgen. Dabei bin ich sicher, dass dies bei den meisten Fahrgästen gut ankommt – hier besteht Nachholbedarf.