3 Fragen an die Bahnen in NRW zur Lokführer-Umschulung in der Corona-Krise

Innenansicht einer Lok. Ein Lokführer sitzt am Schaltbord und hält einen Schalter gedrückt.

Arbeitgeber

09. Juli 2020

In der Corona-Krise setzen die Bahnen in NRW auf eine nachhaltige Ausbildungsstrategie: Umschulungsangebote für Lokführer/innen laufen im geplanten Umfang weiter. Das sind attraktive berufliche Perspektiven für qualifizierte Bewerber/innen.


Hunderttausende Betriebe sind in Folge der Corona-Krise nach wie vor in Kurzarbeit. Die Bahnen in NRW aber suchen verstärkt neue Lokführer/innen. In den kommenden fünf Jahren werden 1.700 zusätzliche Triebfahrzeugführer/innen gebraucht. Einige Hundert Ausbildungsplätze für Quereinsteiger/innen sollen allein in diesem Jahr besetzt werden. Fragen zur Lokführer-Umschulung in der Corona-Krise beantworten stellvertretend für die Bahnen in NRW: Peter Bosse, Personalleiter bei Abellio Rail NRW, Uwe Mewitz, Bereichsleiter Human Resources Keolis Deutschland/Eurobahn, Birgit Schulze, Leiterin Personalmanagement bei der RegioBahn, sowie Kathrin Redeker und Peter Ulmer, Regionalleiter für Ostwestfalen-Lippe und Niederrhein-Ruhr bei der NordWestBahn.


Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf Ihre Umschulungsangebote?


Abellio: Die Corona-Krise hat die Qualifizierung der neuen Lokführer/innen, die wir dringend brauchen, zunächst verzögert. Aber wir haben die vier Wochen des Lockdowns genutzt und virtuelle Angebote für die theoretische sowie Kurskonzepte für die praktische Ausbildung umgesetzt. Das hat sehr gut funktioniert und wir sind jetzt auf die neuen Herausforderungen eingestellt. In diesem Jahr haben wir schon vier Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Im zweiten Halbjahr planen wir noch einmal vier Qualifizierungsmaßnahmen. Hier stehen bis zu 120 Plätze für interessierte Quereinsteiger zur Verfügung.


eurobahn: Die Pandemie verlangte kurzfristige Anpassungen und neue Arbeitsformen. Die theoretischen Ausbildungsteile wurden auf ein Online-Format umgestellt. Im praktischen Teil wurden die Gruppengrößen reduziert und auf dem Führerstand ein konstantes 1:1-Modell zwischen Ausbilder und Auszubildendem eingeführt. An den Simulatoren haben wir Plexiglas-Scheiben eingebaut und ein Hygienekonzept umgesetzt. Im Oktober startet bei uns der nächste Qualifikationskurs mit 15 Teilnehmern. Weitere Umschüler/innen nehmen an externen Kursen teil, zum Beispiel beim Verband Deutscher Eisenbahnfachschulen.


RegioBahn: In Zusammenarbeit mit der Stiftung Bildung Handwerk haben wir sehr schnell auf E-Learning umgestellt. So gab es bei uns zum Glück keine Verzögerungen. Im Ausbildungsjahr 2020 planen wir noch 20 Ausbildungsplätze.


NordWestBahn: Als Eisenbahnverkehrsunternehmen sind wir darin geübt, bei unvorhergesehenen Ereignissen lösungsorientiert zu handeln. Das kommt uns bei der Fortsetzung der Ausbildungskurse unter den jetzigen Bedingungen zu Gute. Unter anderem werden unsere Kurse in kleinere Lerngruppen aufgeteilt, parallel findet der Unterricht in größeren Räumen statt. Der nächste Kurs im Netz Ostwestfalen-Lippe startet im September, in der Region Niederrhein-Ruhr beginnen neue Qualifizierungen im Juli und im Dezember.


Für wen kommt die Umschulung als Lokführer/in besonders in Frage?


NordWestBahn: Wir wollen jetzt insbesondere auch die Arbeitnehmer zu einer Lokführer-Umschulung ermutigen, deren Branchen und Berufe von der Corona-Krise besonders betroffen sind, zum Beispiel aus dem Einzelhandel oder aus der Tourismusbranche. Wichtig ist, dass die nötigen Voraussetzungen vorhanden sind. Neben einer abgeschlossenen Ausbildung und einem Mindestalter von 20 Jahren sollten technisches Verständnis, die Bereitschaft zum Schichtdienst und die Freude am Umgang mit Menschen mitgebracht werden.


RegioBahn: Bei uns haben auch schon Mitarbeiter/innen aus der Werbebranche, Taxifahrer oder Köche erfolgreich umgeschult. Einige haben vorher im Büro gearbeitet oder im Sicherheitsdienst. Für Frauen ist ein Quereinstieg als Lokführerin sehr attraktiv.


eurobahn: Der Beruf ist für viele Zielgruppen interessant. Wegen der großen Flexibilität für Teilzeitmöglichkeiten und der Wahlmodelle, zum Beispiel Urlaub/Gehaltsplus, ist der Lokführer-Beruf für Mütter nach der Elternzeit ebenfalls eine gute und attraktive Wahl.


Abellio: Wer eine spannende und sinnvolle Tätigkeit sucht und darüber hinaus einen sicheren Arbeitsplatz mit Zukunft wünscht, ist als Lokführer/in bei uns genau richtig.


Was bedeutet die Corona-Krise für die Mobilitätswende und den Lokführer-Beruf?


Abellio: Der Berufsverkehr auf der Schiene ist weiterhin stark ausgeprägt und nach den Einbrüchen während des Lockdowns steigen die Fahrgastzahlen jetzt wieder kontinuierlich. Wir sollten die Erfahrungen aus der Corona-Krise auch als Chance für ein modernes Arbeitsleben mit zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten nutzen. Dafür brauchen wir auf jeden Fall neue Lokführer/innen. Deshalb werden wir gerade jetzt neue Fachkräfte qualifizieren.


NordWestBahn: Das Thema nachhaltige Mobilität gewinnt immer mehr an Bedeutung, das gilt für Beruf und Freizeit und zwar generationenübergreifend. Dem entsprechend wünschen die Menschen mehr Leistungen im Schienenpersonennahverkehr. In der Corona-Krise haben wir als Eisenbahnverkehrsunternehmen mit unseren Zugverbindungen gewährleistet, dass Berufspendler in systemrelevanten Berufen sicher und zuverlässig zu ihrer Arbeitsstätte gekommen sind. Sichere Mobilität ist unser täglicher Auftrag, nicht nur, sondern gerade in Krisenzeiten wie zur Corona-Pandemie. Deshalb ist es auch unser Ziel, über den aktuellen Bedarf hinaus auszubilden. So können wir bei kurzfristigen Angebotserweiterungen, in Urlaubsphasen oder auch bei Krankheitsfällen gut reagieren und unseren Fahrgästen einen stabilen Betriebsablauf garantieren.


eurobahn: Mobilität gehört zur Grundversorgung und der Lokführer-Beruf ist systemrelevant. Die Krise hat einmal mehr bestätigt, dass der Beruf in ein gut funktionierendes Gesamtsystem mit einem abgestimmten Zusammenspiel aller beteiligten Akteure eingebettet ist. Die Branche nimmt weiterhin buchstäblich ihre Fahrt auf. Sie ist in ihrer Funktion sinnstiftend und bewegt viel.


RegioBahn: Lokführer ist ein absolut krisenfester Beruf und darüber hinaus eine überaus verantwortungsvolle Tätigkeit, die auch gesellschaftlich wertgeschätzt wird. Der Beruf ist abwechslungsreich und bietet ein selbstständiges Arbeiten. Unsere Branche bietet zudem sehr viele Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung.