Lokführerausbildung - Gründe für Abbruch- und Durchfallquoten

Ein Umschüler sitzt an einem Fahrsimulator.

Arbeitgeber

22. Oktober 2020

Der Quereinstieg als Triebfahrzeugführer/in in NRW bietet eine sichere berufliche Perspektive. Doch die Umschulung ist anspruchsvoll – viele Interessenten befürchten, den Abschluss nicht zu schaffen. Das Landesprogramm Fokus Bahn NRW prüft deshalb mögliche Gründe, warum motivierte Quereinsteiger/innen ihre Qualifizierung abbrechen oder die Prüfung möglicherweise nicht bestehen. Eine Umfrage ermittelt die Qualitätsmarker einer Umschulung.


Rund elf Monate dauert eine Lokführer-Umschulung in NRW. In dieser Zeit muss der Lernstoff einer dreijährigen Berufsausbildung in Theorie und Praxis verinnerlicht sein. Ist das überhaupt zu schaffen? Diese Frage stellt sich angesichts bundesweiter Durchfall- und Abbrecherquoten von 30 bis 60 Prozent, je nach Bundesland und Anbieter der Umschulung. Um mögliche Abbruch- und Durchfallgründe bei der Qualifizierung zum Triebfahrzeugführer zu identifizieren, wurde im Rahmen des Landesprogramms Fokus Bahn NRW nun eine erste Umfrage durchgeführt.


Umfrage zu Abbruchgründen bei der Lokführer-Qualifizierung

Fokus Bahn NRW formulierte gezielte Fragen zur Qualität der Umschulungsangebote und zum Verbesserungsbedarf: Wie hoch ist der Praxisbezug? Wie steht es mit der Lernmotivation? Wie wichtig ist die Trainerqualität? Können gezielte Unterstützungsmaßnahmen während der Ausbildung helfen?


In den Monaten Juni bis September 2020 wurden 77 Umschüler/innen im Alter zwischen 24 und 55 Jahren online sowie offline zur ihrer Qualifizierungsmaßnahme befragt. 92 Prozent der Befragten finanzierten ihre Umschulung durch eine staatliche Förderung, zumeist durch einen Bildungsgutschein. Acht Prozent absolvierten eine Qualifizierung, die direkt von den Eisenbahnverkehrsunternehmen vergütet wurde.


Dabei nahmen 61 Prozent der Befragten gerade an einer Umschulung teil. 20 Prozent hatten die Lokführer-Prüfung bereits erfolgreich bestanden. Weitere Teilnehmer hatten eine alternative Prüfung als Rangierbegleiter, Bremsprobenberechtigter oder Wagenprüfer absolviert. Sieben Teilnehmer waren durchgefallen und ein Teilnehmer hatte die Qualifizierung abgebrochen. Die Durchfallquote unter den befragten Teilnehmern lag gerade einmal bei 10,4 Prozent.


Diese Gründe sprechen für die Lokführer-Umschulung

Zunächst wurden die Beweggründe für eine Umschulung zum Triebfahrzeugführer ermittelt. Dazu gehören vorrangig die sichere berufliche Perspektive (66 Prozent), die gute Bezahlung (59 Prozent) und die Attraktivität der Branche (44 Prozent). Zudem war Lokführer für 23 Prozent der Umschüler/innen schon immer ein Traumberuf. Schließlich sahen 19 Prozent der Befragten in der kurzen Dauer der Umschulung einen Vorteil.


Warum haben Sie sich für die Triebfahrzeugführer-Qualifizierung entschieden?


Diese Kriterien sind wichtig für eine erfolgreiche Umschulung

Für eine erfolgreiche Qualifizierung zum Triebfahrzeugführer konnten in der Umfrage wichtige Qualitätsmarker definiert werden. Von höchster Bedeutung – mit fünf von zwölf Bewertungskriterien – ist das fachliche und das methodische Wissen der Trainer. Gut zu wissen, dass die befragten Teilnehmer der Lokführer-Umschulungen in NRW mit ihren Trainern zumeist zufrieden waren.


Höchste Bedeutung der Kriterien & Zufriedenheit


Umschüler/innen wünschen mehr Fahrpraxis als Lokführer

Anders dagegen sieht es bei der Qualität von Lernmaterial und Schulungsunterlagen sowie bei der Verknüpfung der theoretischen und der praktischen Ausbildung aus. Hier ermittelte die Umfrage eine geringere Zufriedenheit. Nicht zuletzt wurde auch das hohe Lerntempo als kritischer Faktor bei der Qualifizierung zum Triebfahrzeugführer identifiziert. Dabei zeigen die meisten Umschüler/innen gerade bei den zunehmend komplizierten Lerninhalten eine wachsende Motivation. Sie wünschen sich allerdings mehr Zeit für das Simulator-Training und die fahrpraktische Ausbildung sowie die Option auf eine Verlängerung der Umschulung.


Ein weiterer Hebel zur Qualitätsverbesserung ist eine intensivierte und gezielte Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen. Für 33 Prozent der Befragten hat die individuelle fachliche Betreuung dabei eine hohe Relevanz. Umschüler/innen mit Migrationshintergrund werten zudem eisenbahnspezifische Sprachkurse mit als wichtigstes Kriterium für einen erfolgreichen Abschluss.


Deshalb werden Lokführer-Prüfungen nicht bestanden

Nur sieben der insgesamt 77 Befragten in der Studie von Fokus Bahn NRW haben ihre Prüfung zum Triebfahrzeugführer nicht bestanden, außerdem hat ein Umschüler die Qualifizierung aus persönlichen Gründen abgebrochen.


Häufigster Grund, warum Prüflinge durchfallen, ist ein Fehler im Bereich der Betriebsgefahren. Hier müssen die Anforderungen der Lokführer-Prüfung zu 100 Prozent erfüllt sein. Dazu kommen Fehler aus Flüchtigkeit oder Leichtsinn. Manchmal hapert es auch in einem einzelnen Lerngebiet, etwa bei der DB Netz-Prüfung. Für einen von acht Teilnehmern, die die Lokführer-Umschulung nicht bestanden haben, war das Prüfungsniveau insgesamt zu hoch.


Anstoß für Verbesserungen in der Ausbildung

Obwohl die Umfrageergebnisse eine hohe Zufriedenheit mit den Ausbildungsangeboten zeigen, dienen sie dem Landesprogramm Fokus Bahn NRW auch als wichtiger Denkanstoß, um mögliche Anpassungen im Lehrbetrieb zur weiteren Qualitätsverbesserung zu entwickeln. Im Teilprojekt „Fokus gemeinsame Qualifizierung“ werden mögliche Anpassungen anschließend im Dialog mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen und den Bildungsträgern auf Anwendbarkeit geprüft.