Pilotprojekt autonome S-Bahnen: Lokführer/in bleibt ein Zukunftsberuf

Innenansicht eines Führerstandes mit Blick aus der Frontscheibe. Dort sind Schienen im Sonnenuntergang zu sehen, die schnell vorbeiziehen.

Arbeitgeber

13. Oktober 2021

Während sich der Mangel an Lokführer/innen bundesweit verschärft, startet die Deutsche Bahn in Hamburg mit der ersten digitalen S-Bahn ein weithin beachtetes Pilotprojekt für den automatischen Zugverkehr. Mit Blick auf die Mobilitätswende bleibt die Qualifizierung von Fachkräften für die Partner von Fokus Bahn NRW nach wie vor ein zentraler Schlüsselfaktor.


Rund 1.200 Lokführerstellen warten bis zum Jahr 2025 allein bei den Bahnen in NRW auf qualifizierte Bewerber/innen. „Der Lokführerberuf wird darüber hinaus noch lange eine sichere Zukunft bieten“, betont Heinrich Brüggemann, Projektleiter gemeinsame Qualifizierung bei Fokus Bahn NRW. Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz von fahrerlosen Zügen stünden dem wachsenden Bedarf an Fachkräften nicht entgegen, so Brüggemann weiter. Ganz im Gegenteil: Der Erfolg der Mobilitätswende fordere einen massiven Zuwachs an zuverlässigen, stabilen Verkehrsangeboten auf der Schiene. Dieser könne durch die Digitalisierung zwar beschleunigt, langfristig aber nur durch qualifizierte Mitarbeiter/innen auf der Lok sowie in den Leitstellen, in der Planung und in der Entwicklung geleistet werden. Deshalb setze Fokus Bahn NRW zur Optimierung der Qualität im SPNV Nordrhein-Westfalens auf eine Digitalisierungs- und eine Personaloffensive.


Digitalisierung der Schiene

25 Prozent mehr Fahrgäste auf der Schiene bis 2030 lautet das Ziel der Verkehrswende für NRW in Zahlen. Mit Blick auf die heute schon überfüllten Züge und eine überlastete Infrastruktur, die kaum einen Zug mehr auf den Gleisen zulässt, ist dies eine gigantische Herausforderung. Die Digitalisierung der Schiene kann hier – parallel zum Ausbau des Netzes, allerdings schneller – zu deutlichen Entwicklungssprüngen verhelfen. Die Digitalisierung macht das vorhandene Netz robuster, ermöglicht bessere Steuerung und dichtere Zugfolgen und sorgt so für eine bessere Auslastung und mehr Pünktlichkeit im Netz. Sie kann somit ein entscheidender Erfolgsfaktor sein, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.


Schlüsselfaktor Mensch

Allerdings hat auch der Autopilot in der Luftfahrt den Piloten nicht überflüssig gemacht. So fahren die digitalen S-Bahnen in Hamburg ebenfalls nicht ohne Lokführer/innen. Die geschulte Fachkraft, die bei plötzlichen Einflüssen von außen eingreifen kann, bleibt unverzichtbar. Zudem sind die Einsatzmöglichkeiten für fahrerlose Züge durch die Netzstruktur begrenzt. „Dies gilt allemal für den dicht getakteten Nahverkehr in NRW. Anders als im geschlossenen System der S-Bahn Hamburg teilen sich hier Güterzüge, Züge des Fernverkehrs und S-Bahnen dasselbe höchst störanfällige Schienennetz“, erklärt Brüggemann. „Lokführer/innen werden hier also noch über Jahrzehnte lang gebraucht und wer heute diesen Beruf erlernt, gehört bis zur Rente zu einer der gefragtesten Berufsgruppen des Landes.“ Die Digitalisierung der Schiene werde die Arbeit von Lokführer/innen zwar verändern, aber nicht ersetzen, verweist der Projektleiter auch auf Einschätzungen unabhängiger Experten zum autonomen Fahren bei der Bahn. Darüber hinaus werden bei einem wachsenden Verkehrsaufkommen auf der Schiene auch mehr Disponenten und Planer/innen gebraucht.


Zukunftschancen nutzen

Die Technik des automatischen Zugverkehrs ist eine Chance für die Mobilitätswende, aber sie stellt langfristig keine Alternative zu qualifizierten Fachkräften für die Schiene dar. Vielmehr sind die fortschreitende Digitalisierung und die Personalgewinnung zwei Seiten einer Branche, die wie keine andere Wachstum und sichere Zukunftsperspektiven zu bieten hat.