Wie können neue Lokführer-Anwärter gewonnen werden?

Pinwand mit Assoziationen zum Anforderungsprofil für Lokführer

Arbeitgeber

19. März 2019

EVU-Mitarbeiter und Branchenvertreter erarbeiteten in einem gemeinsamen Workshop eine Zielgruppenübersicht, um neue Bewerbergruppen anzusprechen.


Niedrige Bewerberzahlen und eine hohe Abbruchquote in den Qualifizierungs-Kursen für Triebfahrzeugführer (Tf) verhindern aktuell die schnelle Neubesetzung ausgeschriebener Stellen. Durch eine konkrete Fokussierung des Recruitings und die zielgruppenspezifische Ausrichtung der Ausbildungsformate möchte die Initiative Fokus Bahn NRW die Situation mittel- und langfristig verbessern. Im Landesverkehrsministerium kamen daher am 19. März Personaler der EVU und HR-Experten der Branche für einen Workshop zusammen, um über Potenziale neuer Zielgruppen bei der Qualifizierung zum Tf zu beraten.


Bei der Beschreibung des Recruiting-Dilemmas herrschte Einigkeit unter den Anwesenden: Neue Lokführer werden flächendeckend und in großer Zahl benötigt – gleichzeitig müssen die Bewerber sorgfältig selektiert werden, damit diese den Anforderungen gewachsen sind und so eine nachhaltige Beschäftigung garantiert werden kann.


Bewertungsmodell

Als Grundlage für die Potenzialbewertung möglicher Bewerbergruppen entstand in Zusammenarbeit der Workshopteilnehmer ein Anforderungsprofil für Tf-Anwärter, das den sicheren Umgang mit der deutschen Sprache als einzige Grundvoraussetzung definiert. Der Rest, der wie das „technische Grundverständnis“ historisch vorausgesetzt wurde, soll den Bewerbern im Laufe der Ausbildung vermittelt werden. Als Ergebnis stehen sechs Eignungskriterien für Tf-Anwärter, gewichtet nach ihrer Bedeutung für die Qualifizierung und den Arbeitsalltag:


  • 50 % Lernbereitschaft
  • 15 % Technisches Verständnis
  • 15 % Belastbarkeit
  • 10 % Konzentrationsfähigkeit
  • 5 % Kommunikationsfähigkeit
  • 5 % Freude an Mobilität

Mögliche Zielgruppen

Bei der Sammlung möglicher Bewerbergruppen waren den Teilnehmern keine Grenzen gesetzt: Binnen kürzester Zeit wurden rund 30 mögliche Zielgruppen aufgelistet.


Realpolitische Chancen als Auswahlhilfe

Die Chancen der Branche, die jeweilige Zielgruppe für den Beruf des Tf zu mobilisieren, flossen als Aktivierungspotenzial mit den Faktoren Erreichbarkeit (mit 15 % gewichtet), Lohnattraktivität (25 %), Recruiting-Kosten (5 %), Image des SPNV als Arbeitgeber (50 %) und zeitliche Verfügbarkeit (5 %) in die Bewertung ein.


Finaler Faktor in der Potenzialbewertung ist im von der Unternehmensberatung SRP Consulting entwickelten Bewertungsmodell die Größe der Zielgruppe und somit die realpolitisch zu erwartende Zahl an generierten Bewerbern.


Dabei wurden Frauen als größte ungenutzte Potentialgruppe identifiziert – die aktuelle Frauenquote liegt durchschnittlich bei ca. 2-5 Prozent. Bedingt durch die Größe und die fehlende Segmentierung fließt diese Gruppe jedoch nicht in die Systematik ein.


Ergebnisse

Auf Basis des gemeinsam erarbeiteten Modells erstellte SRP Consulting im Nachgang die genaue Potenzialanalyse. Die Ergebnisse weisen den folgenden Zielgruppen das höchste Potenzial zu, um mit hohem Ertrag in den Fokus von Ausbildungs- und Rekrutierungsmaßnahmen genommen zu werden:


  • Mitarbeiter Gastronomie und Einzelhandel
  • Taxifahrer, Kraftfahrer und Angestellte der Paketbranche
  • Studienabbrecher technischer Berufe, Einsteiger nach Kinderpause
  • Geflüchtete


Die Ergebnisse bedürfen im nächsten Schritt einer detaillierten Ausarbeitung, um die Zielgruppe mit dem übergreifend höchsten Potenzial herauszuarbeiten. In der Folge soll das finale Ergebnis in eine zielgruppenspezifische Kommunikation (Projekt „Fokus attraktive Arbeitgeber“) und das passende Ausbildungsangebot (Projekt „Fokus gemeinsame Qualifizierung“) überführt werden.