Mehr Unterstützung für angehende Lokführer/innen
Arbeitgeber
19. November 2024
„Soziale Bindungen und Vertrauen sind in der Ausbildung wichtig“
„In meiner eigenen Lokführer-Ausbildung hatte ich selbst einen fantastischen Fahrtrainer. Als ich nach Monaten trockener Theorie und wirklich hartem Lernen endlich in den Führerstand durfte, hat er mich in den 40 begleiteten Schichten noch einmal richtig motiviert. Genau deshalb bin ich heute auch Fahrtrainer“, blickt Benedikt Ochmann auf seinen Start in die Bahnbranche vor 18 Jahren zurück. Damals hatte er gerade erst seine erste Ausbildung im Bergbau erfolgreich beendet, doch immer mehr Zechen wurden geschlossen und die Azubis nicht mehr übernommen. Die NordWestBahn warb um neue Triebfahrzeugführer/innen und Benedikt Ochmann entschied sich für den beruflichen Quereinstieg. „Das war das Beste, was mir passieren konnte. Lokführer zu sein, ist meine persönliche Berufung – und die gebe ich gerne weiter“, sagt Ochmann, der heute Fahrtrainer bei DB Regio NRW ist. Im Gespräch mit Fokus Bahn NRW macht er sich für einen unternehmensübergreifenden Austausch zwischen Fahrtrainern, Lehrlokführer/innen und ehrenamtlichen Mentor/innen stark – damit mehr junge Menschen für die Bahnbranche qualifiziert und insbesondere auch die Abbruchquoten beim beruflichen Quereinstieg reduziert werden.
Ein großes Problem in der Lokführer-Ausbildung ist die Motivation. Doch gerade die können wir positiv beeinflussen. Wir müssen die angehenden Kolleginnen und Kollegen besser unterstützen und ihre Freude auf den neuen Beruf hochhalten.
Benedikt Ochmann
Fahrtrainer bei DB Regio NRW
In der Lokführer-Ausbildung zählt die Zusammenarbeit
Die Nahverkehrsbahnen in NRW suchen nicht nur händeringend nach neuen Lokführer/innen. Sie brauchen auch mehr Fahrtrainer/innen, um den Nachwuchs auszubilden. Benedikt Ochmann erklärt, warum es sich lohnt, Fahrtrainer zu werden – und was für den Ausbildungserfolg wichtig ist.
Warum lohnt es sich, Fahrtrainer/in zu werden?
Benedikt Ochmann: Es gibt einfach nicht genug Lokführerinnen und Lokführer, das merken wir im SPNV an jedem Arbeitstag. Die Qualifizierungskurse sind zwar voll, aber es dauert, bis freie Stellen neu besetzt werden. Also liegt es quasi im Interesse jedes Einzelnen, dass es genug Fahrtrainer für die praktische Ausbildung gibt. Außerdem verdient man auch etwas mehr Geld. Fahrtrainer zu werden, ist allerdings keine finanzielle Entscheidung. Das muss man persönlich wollen. Viele meiner Kollegen lieben den einsamen Job im Führerstand, und es ist wirklich alles andere als einfach, auf engem Raum mit einem Auszubildenden eine Schicht lang unterwegs zu sein. Denn als Fahrtrainer trage ich die Verantwortung, dass die neuen Kollegen sicher fahren und keine Angst vor möglichen Fehlern haben. Dafür muss ich die ganze Zeit hochkonzentriert sein. Aber das macht mir Spaß, denn so kann ich mein Wissen und meine Begeisterung für den Beruf weitergeben. Einige Kolleginnen und Kollegen, die ich ausgebildet habe, sind heute ebenfalls Fahrtrainer oder sogar Lehrlokführer. Darüber freue ich mich besonders und daraus ziehe ich meine Motivation.
Fahrtrainer/in zu sein, bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Welche Eigenschaften müssen gute Fahrtrainer/innen haben?
Benedikt Ochmann: Fahrtrainer brauchen rund drei Jahre Berufserfahrung als Lokführer und Sozialkompetenz. Letztere ist Inhalt der beiden Lehrgänge zum Erwerb der Zusatzqualifikation. Das sind zwei Mal fünf Tage, in denen man zum Beispiel lernt, wie man mit ganz jungen Leuten in der Ausbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst oder eben auch mit den oft etwas älteren Quereinsteigern umgeht. Wichtig ist, dass Fahrtrainer ihre jungen Kolleginnen und Kollegen noch einmal richtig motivieren – zum einen, weil der theoretische Unterricht sehr trocken ist und schon mal auslaugen kann, aber beispielsweise auch, weil einige erst im fahrpraktischen Teil der Ausbildung verstehen, was Schichtdienst bedeutet. Fahrtrainer müssen den Sorgen der Kolleginnen und Kollegen ruhig und verständnisvoll begegnen. Im Endspurt der Ausbildung gilt es, Ängste und Stress abzubauen. Der Aufbau von Vertrauen und sozialen Bindungen ist sicher ebenso wichtig wie die Vermittlung der Multitasking-Fähigkeiten, die man im Führerstand braucht.
Wie bewerten Sie die nach wie vor hohen Abbruch- und Durchfallquoten bei den Qualifizierungen für Triebfahrzeugführer/innen? Und wie könnte man diese verbessern?
Benedikt Ochmann: Beim Branchentreff auf der KarriereSchiene hatte ich erstmals die Gelegenheit, mich genau darüber mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen auszutauschen. Den Austausch an sich sehe ich schon als einen Beitrag zur Lösung – und zwar nicht nur zwischen den Fahrtrainern, sondern auch zwischen den Lehrlokführern, die den Dienstunterricht geben. Denn wir haben alles dasselbe Ziel, unsere Auszubildenden fit fürs Gleis zu machen. Wir waren uns einig, dass die theoretische Ausbildung am Anfang für viele Kursteilnehmende ein zu dicker Block ist. Regelmäßige Schnupperfahrten könnten hier den notwendigen Bezug zur Praxis vermitteln und Motivation fürs weitere Lernen sein. Auch das Mentorenprogramm von Fokus Bahn NRW ist eine richtig gute Sache. Das hätte ich mir schon für meine Qualifizierung vor 18 Jahren gewünscht. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Mentoren direkt in die Qualifizierungskurse gehen und sich dort neben den Kursleitern und Lehrlokführern als Ansprechpartner vorstellen, und zwar außerhalb der reinen Unterrichtsinhalte. Die persönliche Unterstützung schafft Vertrauen – nicht nur in die eigenen Fähigkeiten, sondern auch in die Bahnbranche und ihre Unternehmen als Arbeitgeber.
Ehrenamtliche Hilfe
Der Ausbau des Mentorenprogramms gehört zu den zentralen Maßnahmen der Beschäftigungsoffensive für den SPNV NRW. Die ehrenamtliche Unterstützung für angehende Triebfahrzeugführer/innen senkt die Abbruchquoten und stärkt langfristig die Bindung an die Bahnbranche.